Wspomnienie o Karlu Ludwigu Hencke
Otto Franz Gensichen (1847 - 1933) - urodzony w Drezdenku niemiecki pisarz, dramaturg i publicysta
Poniższy tekst pochodzi z Heimatkalender für den Kreis Friedeberg (1917) - Karl Ludwig Hencke
Wiersz Hebe pochodzi ze zbioru Frauenlob (1885)
Bereits 1596 hatte Kepler in seinem „Mysterium cosmographicum” die denkwürdigen Worte geschrieben: “Zwischen Jupiter und Mars habe ich einen Planeten gesetzt”, aber diesen nur aus Grund des weiten Abstandes zwischen Mars und Jupiter vermuteten Planeten auch wirklich aufzufinden, gelang auf zwei Jahrhunderte hinaus keinem Astronomen. Selbst der Uranus, welcher nicht zwischen Mars und Jupiter, sondern weit, weit über die Bahn des Jupiter, ja, selbst des Saturn hinaus seinen Lauf beschreibt, wurde erst am 13. März 1781 durch Herschel entdeckt. Bis dahin hatte man sogar nur sechs Planeten gekannt, und erst seit der Auffindung des Uranus wurde von Lalande und Olbers auf eine systematische Durchforschung des Himmelsraumes hingearbeitet. Gleich der erste Tag des neuen Jahrhunderts sollte die seither schier unübersehbar gewordene Reihe der Planetenentdeckungen auf’s Glücklichste eröffnen: am 1. Januar 1801 fand Piazzi in Palermo die “Ceres”.Ihm folgte bereits am 28. März 1802 Olbers in Bremen mit der “Pallas”, dann am 1. September 1804 Harding in Lilienthal mit der “Juno” und am 29. März 1807 abermals Olbers in Bremen mit der “Vesta”. Diese vier, in verhältnismäßig kurzer Frist aufgefundenen Planeten kreisten wirklich zwischen Mars und Jupiter, wo bereits Keplers geniale Vermutung einen noch ungeschauten Wandelstern angenommen hatte. Mit erneutem Eifer warfen sich nunmehr die Astronomen auf die genaueste Durchforschung des Himmels, - umsonst, kein neuer Erfolg krönte ihre Mühen!
Otto Franz Gensichen (1847 - 1933) - urodzony w Drezdenku niemiecki pisarz, dramaturg i publicysta
Poniższy tekst pochodzi z Heimatkalender für den Kreis Friedeberg (1917) - Karl Ludwig Hencke
Wiersz Hebe pochodzi ze zbioru Frauenlob (1885)
Bereits 1596 hatte Kepler in seinem „Mysterium cosmographicum” die denkwürdigen Worte geschrieben: “Zwischen Jupiter und Mars habe ich einen Planeten gesetzt”, aber diesen nur aus Grund des weiten Abstandes zwischen Mars und Jupiter vermuteten Planeten auch wirklich aufzufinden, gelang auf zwei Jahrhunderte hinaus keinem Astronomen. Selbst der Uranus, welcher nicht zwischen Mars und Jupiter, sondern weit, weit über die Bahn des Jupiter, ja, selbst des Saturn hinaus seinen Lauf beschreibt, wurde erst am 13. März 1781 durch Herschel entdeckt. Bis dahin hatte man sogar nur sechs Planeten gekannt, und erst seit der Auffindung des Uranus wurde von Lalande und Olbers auf eine systematische Durchforschung des Himmelsraumes hingearbeitet. Gleich der erste Tag des neuen Jahrhunderts sollte die seither schier unübersehbar gewordene Reihe der Planetenentdeckungen auf’s Glücklichste eröffnen: am 1. Januar 1801 fand Piazzi in Palermo die “Ceres”.Ihm folgte bereits am 28. März 1802 Olbers in Bremen mit der “Pallas”, dann am 1. September 1804 Harding in Lilienthal mit der “Juno” und am 29. März 1807 abermals Olbers in Bremen mit der “Vesta”. Diese vier, in verhältnismäßig kurzer Frist aufgefundenen Planeten kreisten wirklich zwischen Mars und Jupiter, wo bereits Keplers geniale Vermutung einen noch ungeschauten Wandelstern angenommen hatte. Mit erneutem Eifer warfen sich nunmehr die Astronomen auf die genaueste Durchforschung des Himmels, - umsonst, kein neuer Erfolg krönte ihre Mühen!
Achtundreißig Jahre waren seit der Auffindung der
“Vesta” in ergebnislosem Forschen verflossen, als aus einem kleinen Städtchen
der Neumark die anfangs bezweifelte, dann jubelnd begrüßte Kunde verlautete:
ein neuer Planet, der zwölfte an Zahl, sei entdeckt worden. In der “Vossischen
Zeitung” erklärte Karl Ludwig Hencke zu Driesen an der Netze, daß er am 8.
Dezember 1845 einen bisher unbekannten Stern neunter Größe gefunden habe. Die
näheren Angaben waren so genau, daß durch Beobachtungen und Berechnungen,
welche die Berliner Sternwarte anstellen ließ, sowie durch entsprechende
Forschungen auf den Sternwarten zu Hamburg, Altona, Pulkowa, Greenwich usw. der
himmlische Fremdling für die
Wissenschaft dingfest gemacht warden konnte. Auf Wunsch des Entdeckers übernahm
Encke, Direktor der Berliner Sternwarte, die Taufe des neuen Sternes und vrlieh
ihm den Namen “Asträa”.
Natürlich wandte sich nun das allgemeine Interesse dem
glücklichen Entdecker zu, und da erfuhr man, daß er ein Laie, ein von sehr
bescheidener Pension lebender Postsekretär a. D. sei. Zunächst war es Alexander
von Humboldt, der im Januar 1846 für Hencke “als Anerkennung seiner großen
astronomischen Verdienste” die große goldene Medaille für Kunst und Wissenschaft
und wenige Tage später den roten Adlerorden vierter Klasse erwirkte. Wertvoller
aber war es für Hencke, daß er zu seiner bisherigen Pension von nur 225 Thalern
jetzt von Friedrich Wilhelm IV. einen jährlichen Zuschuß von 300 Thalern
bewilligt erhielt. Man hatte ihm die Wahl gelassen zwischen diesem
Pensionszuschusse oder der Beschaffung besserer Beobachtungsinstrumente auf
Staatskosten, doch entschlied sich Hencke für ersteren. Auch das Ausland blieb
mit seiner Anerkennung nicht zurück: König Christian VIII. von Dänemark verlieh
ihm die Medaille “ingenio et arti”, und ein Jahr später konnte ihm Alexander
von Humboldt schreiben: “Ich freue mich (Dank sei es Herrn Arago) Ihnen heute
schon melden zu können, daß die Akademie der Wissenschaften zu Paris Ihnen, verehrter
Mann, für ihre wichtige und nicht
zufällige Entdeckung für das Jahr 1845 den von Lalande gestifteten Preis, 635
Francs, zuerkannt hat. Sie sehen also, daß in Frankreich selbst der Neptun
Leverrier’s Ihr großes Verdienst nicht verdunkelt hat”.
Die in diesem Briefe erwähnte Entdeckung des “Neptun”
durch Leverrier ist allerdings eine in der Geschichte der Astronomie fast
einzig dastehende wissenschaftliche Tat. Denn nicht durch sorgfältige
Durchmusterung des gestirnten Himmels, sondern durch mathematische Berechnung
machte Leverrier seine großartige Entdeckung. Angeregt durch Bouvard’s und Bessel's Vermutung, daß ein noch ungekannter
Planet durch seine Einwirkung gewisse unerklärliche Abweichungen und Störungen in
der Bahn des Uranus veranlasse, begann
Urban Leverrier, damals Lehrer am Kollege Stanislaus in Paris, auf Aragos
Zureden im Sommer 1845 (also noch vor Henckes Entdeckung der “Asträa”) die Bahn
jenes mutmaßlichen Störenfriedes zu berechnen. Am 31. August 1846
veröffentlichte Leverrier seine Berechnung, und sie erwies sich als so
zuverlässig, daß Dr. Galle, damals Gehilfe an der Berliner Sternwarte, den
neuen Stern achter Größe fast genau an der von Leverrier ermittelten Stelle
schon am 23. September 1846 wirklich auffand.
Wohl durfte die Entdeckung Hencke’s in jenem Briefe
Humboldts insofern als “nicht zufällig” bezeichnet werden, da sie die Frucht
eines jahrelangen, überaus mühsamen Beobachtens und Einzeichnens war. Und wenn
Alexander von Humboldt in einem anderen Briefe an Hencke diesen “den Vater der
neuen Planetenentdeckungen” nennt, so wird niemand ihm diesen Ruhmestitel
streitig machen, wenngleich Leverrier mit seiner genialen Berechnung des
“Neptun” nur neun Monate früher hätte zu beginnen brauchen, um jenen
Ruhmestitel für sich einzuheimsen.
Hencke selbst setzte seine sorgfältigen Beobachtungen
und Einzeichnungen unbeirrt fort, und am 1. Juli 1847 entdeckte er einen
zweiten Planeten, für welchen er dem großen Mathematiker Gauß in Göttingen die
Ehre der Namensgebung überließ. Gauß entschied sich für „Hebe”, und die
Entdeckung der „Hebe” brachte dem glücklichen Hencke noch höhere
Auszeichnungen, als die Auffindung der “Asträa”. Die philosophische Fakultät
der Universität Bonn unter dem Dekanat Argelanders erteilte ihm das Diplom als
„Doktor der Philosophie und Magister der freien Künste”, König Friedrich
Wilhelm IV. verlieh ihm den roten Adlerorden dritter Klasse mit der Schleife,
die astronomische Gesellschaft in London ernannte ihn durch ein von Herschel
junior ausgestelltes Patent zu ihrem Mitgliede, und die Pariser Akademie
erkannte ihm durch ein von Arago unterzeichnetes Schreiben abermals den
Lalandeschen Preis für 1847 zu.
Nach der “Hebe” hat Hencke keinen Stern mehr entdeckt,
wiewohl gerade seither die Planetoiden in schier überraschender Anzahl
aufgefunden wurden. Noch in demselben Jahre 1847 entdeckte Hind in London die
“Iris” und “Flora”, und Hencke erlebte es noch, daß in den neunzehn Jahren von
seiner Entdeckung der “Hebe” bis zu seinem am 21. September 1866 erfolgten Tode
83 Planetoiden aufgefunden wurden. Gegenwärtig kennen wir deren über 600, und
da sich die Entdeckungen der Neuzeit fast ausschließlich auf Sternchen 12. bis
14. Größe beschränken, erregt heute die Auffindung eines neuen Planetoiden
keine sonderliche Teilnahme mehr, und man nimmt sich kaum noch die Mühe einer
eigenartigen Namensgebung, sondern begnügt sich meistens mit Erteilung einer
fortlaufenden Nummer.
Anders aber war es, als nach achtunddreißigjähriger
Pause Karl Ludwig Hencke den ersten Planeten, die “Asträa” entdeckte, und der
“Vater der neuen Planetenentdeckungen” verdient daher wohl ein ausführlicheres
Blatt der Erinnerung.
Karl Ludwig Hencke wurde am 8. April 1793 zu Driesen
an der Netze geboren. Sein Großvater war Maurermeister; sein Vater (1752-1833)
diente als Unteroffizier in der Artillerie unter Friedrich dem Großen, ward mit
Versorgungsansprüchen entlassen, anfangs als Senator und später als Kämmerer in
Driesen angestellt. Auf der dortigen, zu damaliger Zeit natürlich höchst
mangelhaften Bürgerschule erhielt Karl Ludwig Hencke den ersten und einzigen
Unterricht, doch veranlaßten ihn die beschränkten Vermögensverhältnisse seiner
Eltern, bereits am 4. Januar 1807, noch nicht vierzehnjährig, als “Lehrling”
bei dem Postamt seiner Vaterstadt einzutreten. Hierauf wurde er bei den
benachbarten Postanstalten zu Woldenberg und Arnswalde, am letzteren Orte auch
nebenbei in der Ratsregistratur und dem Amtsaktuariat, beschäftigt. Im Jahre
1813 trat er als freiwilliger Jäger in das
Yorksche Korps, kämpfte am 2. Mai in der Schlacht bei Groß-Görschen,
wurde am 5. Mai mit dem Attest “da er sich durch Tapferkeit ausgezeichnet und
davon zwei Wunden trägt bei seiner anderweitigen Anstellung bestens
empfohlen” definitiv entlassen und am
15. Mai 1813 als “Postschreiber” bei dem Postwärteramt in Hohenziatz bei
Magdeburg angestellt, wo er bis zum 5. Juni 1814 verblieb. Dann war er bis zum
12. September 1814 in Goslar angestellt, darauf in seiner Vaterstadt Driesen,
wo er im Jahre 1817 zum “Postsekretär” mit 300 Talern Gehalt befördert wurde.
Ebendort verheiratete er sich noch in demselben Jahre und bekleidete unter
allmäliger Gehaltsaufbesserung seine dortige Stelle bis zum 30. April 1834.
Dann wurde er nach Schneidemühl (Provinz Posen) versetzt, wo er bis zum 31.
März 1837 aktiv war, und übernahm darauf in Friedeberg in der Neumark die
Vertretung des beurlaubten dortigen Postmeisters. Die Anstrengungen seines
Berufs und in Sonderheit der häufige Nachtdienst zu Schneidemühl, das damals an
der großen Landstraße von Berlin nach Königsberg in Preußen lag, hatten seine
Gesundheit so geschwächt, daß er sich bereits mit dem 1. Oktober 1837 in seinem
45. Lebensjahre pensionieren ließ und nach fünfundzwanzigjähriger Dienstzeit
(seit 1813 gezählt, das Kriegsjahr doppelt gerechnet), mit den damals landesüblichen drei Achteln seines auf 600
Taler gestiegenen Gehaltes, das heißt also mit 225 Talern Pension in den
Ruhestand trat. Er nahm fortan seinen dauernden Wohnsitz in Driesen, wo er auf
der Vorstadt Kietz (einem ehemals wendischen Fischerdorfe mit noch zahlreichen
Blockhäusern) ein eigenes Häuschen bewohnte. Aus seiner Ehe erwuchsen ihm keine
Söhne, sondern nur vier Töchter, deren älteste, Helmine, unvermählt im
Elternhause blieb und dem Vater mit tiefem Verständnis bei seinen astronomischen
Arbeiten zur Hand ging. Die drei jüngeren Töchter verheirateten sich an die
Herren Oschlitzky, Buske und Schultz, deren letzterer, um den Namen seines
Oheims und Schwiegervaters nicht aussterben zu lassen, sich mit
landesherrlicher Genehmigung fortan Schultz-Hencke nannte.
Seit seiner Pensionierung lebte Hencke ein ruhiges,
arbeitsames Forscherleben, in das nur die Entdeckung der “Asträa” 1845 und der
“Hebe” 1847 äußere Aufregung brachten. Damals lag Driesen noch nicht an der
Eisenbahn, und als sie im Oktober 1857 ihren Schienenstrang auch über das
kleine Städtchen der Neumark erstreckte, waren seither so viele neue Planeten
entdeckt, daß Hencke’s großes Verdienst schon den Reiz der Neuheit verloren
hatte. Es drängten sich daher keinerlei Berühmtheiten in sein bescheidenes
Observatorium, und er selbst hat, abgesehen von wenigen Besuchen der Berliner
Sternwarte, nur einmal im Jahre 1860 die Wanderversammlung deutscher
Naturforscher und Ärzte zu Königsberg in Preußen besucht. Er führte ein
Stilleben mit seinen Büchern, die er allmählich bis auf über 3000 Bände
vermehrt hatte, mit seinem für die damalige Zeit sehr guten Flügel, auf dem er
meisterhaft zu phantasieren verstand, mit seiner ihm von Jugend her noch immer
geliebten Pedalharfe, mit den Sternen, mit seiner Gattin und seiner unvermählten Tochter Helmine. Einfach in
seiner Häuslichkeit, seiner Erscheinung und seiner Kleidung, Autokrat in seiner
Familie, mildtätig gegen Notleidende, leidenschaftslos, weder Kartenspieler,
noch Raucher oder Schnupfer, eifriger Sammler alles historischen Materials zu
einer Chronik der Stadt Driesen, von seinen Mitbürgern “wegen seiner
gründlichen Lokalkenntnis und seines regen Eifers für das Wohl der Stadt” zum
unbesoldeten Ratmann und auf mehrere Jahre zum Ehrenamt eines Schiedsmanns
erwählt, rüstig an Gesundheit, jedem Gedanken an den Tod so abgeneigt, daß er
weder ein Testament machte, noch über seine wertvollen, eigenhändig
gezeichneten Sternkarten eine Verfügung traf, lebte er in Hoffnung eines hohen
Alters arbeitsam dahin, bis ihn der zu Anfang des Jahres 1865 erfolgende Tod
seiner ältesten Tochter Helmine erschütterte. Als im Sommer 1866 die Cholera
sich auch Driesen näherte, floh er nach Marienwerder zu seiner an den dortigen
Oberpostkomissarius Buske verheirateten Tochter. Wahrscheinlich infolge einer
Erkältung, die er sich bei Besteigung des Glockenstuhls der Domkirche in
Marienwerder zuzog (er wollte die Inschriften der von den Deutschordensrittern
herstammenden Glocken studieren und den Ton auf ihren Zusammenklang prüfen),
starb er an einem heftigen, schmerzvollen Magenleiden zu Marienwerder am 21.
September 1866. Seine Leiche wurde nach Driesen gebracht und auf dem Friedhofe
daselbst neben seiner Tochter Helmine in einer gemauerten Gruft beigesetzt. Ihn
überlebten seine Witwe (gest. 15. April 1875), drei Töchter und zahlreiche
Enkelkinder.
Die geringe Schulbildung, welche er genossen hatte,
suchte Hencke durch sein langes Leben in unablässigem Studium zu ergänzen.
Schon frühzeitig erwachten seine astronomischen Neigungen, angeregt durch die
Lektüre der “Anleitung zur Kenntnis des gestirnten Himmels” von Bode. Bereits
1822 schaffte er sich aus der damals weltberühmten optischen Fabrik von
Utzschneider und Fraunhofer in München für 105 Taler ein Fernrohr an, dessen Brennweite
42 Pariser Zoll und dessen Objektivdurchmesser 32½ Pariser Linien betrug, wozu
er später noch ein Kellnersches orthoskopisches Okular von großem Gesichtsfelde
fügte. Ein alter Proportionalzirkel, den er bei einem Gelbgießer als altes
Messing aus der Gefahr des Eingeschmolzenwerdens gerettet hatte, sowie eine
nach seiner Anleitung von einem Uhrmacher hergestellte Uhr, welche Sternenzeit
und mittlere Zeit anzeigte, vervollständigten nochmals sein “Handwerkzeug”.
Besonders unterstützt wurde er durch sein außerordentlich scharfes Auge und
seine hervorragende Anlage zum Zeichnen.
Im Jahre 1825 veröffentlichte die Berliner Akademie
eine Aufforderung zur Bearbeitung genauer Sternkarten und schrieb darin u. a.:
“Dergleichen Karten werden, außerdem daß eine so genaue Kenntnis des Himmels
ein eigentümliches Interesse erregt und viele astronomische Beobachtungen
erleichtert, auch das wahre Mittel darbieten, die Kenntis unseres Sonnensystems
durch Entdeckung neuer Planeten zu erweitern; sie werden diese sogar sicher
herbeiführen können, während ohne spezielle Himmelskarten nur ein günstiger
Zufall die Auffindung veranlassen kann !"
Zweifellos entfachten diese Worte von neuem den Eifer
Henckes, doch konnte er sich erst nach seiner im Herbst 1837 erfolgten Pensionierung
systematischer den astronomischen Forschungen widmen. Auf dem geräumigen und
sauberen Boden seines einstöckigen Häuschens auf dem Driesener Kietz hatte er
anfangs nur einen Tisch und einen Stuhl stehen; eine eigentliche Sternwarte war
nicht vorhanden. Einige Dachziegel wurden herausgehoben, auf einer bloßgelegten
Latte eine frei bewegliche hölzerne Rinne angeschraubt und das Fernrohr
festgebunden. Auf dem Tische wurde eine in auffallend großem Maßgabe von Hencke
eigenhändig entworfene Sternkarte ausgebreitet, welche den dem Fernrohre
gegenüberliegenden Teil des Fixsternhimmels enthielt. Diese Kartenentwürfe
revidierte er fortwährend und gelangte gerade dadurch zu seinen Entdeckungen.
Kraft dieses unermüdlichen Beobachtens, Einzeichnens, Vergleichens entdeckte er
aus der erwähnten Dachziegelöffnung die “Asträa” und aus einer am östlichen
Giebel vorhandenen Bretterluke die “Hebe”. Erst nach diesen Entdeckungen ließ
er sich auf seinem Häuschen, das er bis an seinen Tod bewohnte, eine immerhin
noch höchst bescheidene Sternwarte bauen.
Die bereits frühzeitig begonnene Arbeit an den
Sternkarten, deren Maßstab für eine Kugel von vierzehn Fuß Durchmesser (dreimal
größer als die der Berliner akademischen Karten!) berechnet war, setzte Hencke
unermüdet fort. In seinem Nachlasse fanden sich 349 sauber gezeichnete
Sternkarten, von denen 12 die dem Aequator des Himmels zunächst liegenden
Gegenden. 241 die nördliche und 96 die südliche Halbkugel betreffen. Den
Wunsch, diese Karten durch den Stich vervielfältigt zu sehen, konnte sich
Hencke der hohen Kosten wegen nicht gewähren. Letztere haben auch bisher die
Herausgabe verhindert, wiewohl die Berliner Akademie nach Hencke’s Tode, durch
Vermittlung von Argelander und Auwers, 1868 diese Karten für tausend Taler
ankaufte, d.h. für etwa acht Mark pro Karte – ein Spottpreis im Vergleich zu
der darauf verwendeten Riesenarbeit!
Infolge seiner Planetenentdeckungen war Hencke von der
Berliner Akademie zur Teilnahme an der Bearbeitung der seit 1825 geplanten
akademischen Sternkarten aufgefordert worden, und mit hoher Freude willigte er
ein. Die Hora 20 ist 1852 von ihm bearbeitet worden und stellt sich würdig
neben die übrigen Blätter jenes Cyclus. Literarisch ist er dagegen nie weiter
hervorgetreten, als daß er über die Erscheinung merkwürdiger Sonnenflecke, über
Sonnen- und Mondfinsternisse, Kometen und Sternschnuppenschwärme seine
jeweiligen Beobachtungen durch Berliner Zeitungen veröffentlichte.
In demselben Jahre 1847, in welchem Hencke zu Driesen
die “Hebe” entdeckte (ein Jahr, das durch die unmittelbar darauf erfolgenden
Entdeckungen der “Iris” und “Flora” durch Hind das an Planetenentdeckungen
reichste Jahr wurde, welches die Welt bis dahin gekannt), wurde ich zu Driesen,
wo mein Vater Prediger war, als das jüngste Kind meiner Eltern geboren. Unser
Wohnhaus lag unmittelbar an dem großen, herrlichen Festungsgarten, hinter
welchem sich meilenweite, von den Nebenarmen der Netze durchzogene Wiesen
erstreckten. Dort konnte ich eine so glückliche, sich wild austobende Kindheit
verleben, wie sie ein großstädtisches Kind nie kennen lernt. Um so mehr, als
der Vater uns Geschwister keine öffentliche Schule besuchen, sondern nur durch
einen der städtischen Lehrer nachmittags von 4 bis 6 Uhr im Elternhause
privatim unterrichten ließ. Wie viel freie Zeit blieb da zum Spielen und
Umhertollen! Und doch hat unser lieber, verehrter Herr Genschmer durch diese
zwei Stunden uns in allen Disziplinen mit Ausnahme des Lateinischen und
Griechischen, wofür später noch besondere Privatstunden bei dem Rektor
Dorenburg hinzukamen, soweit gefördert, daß mein älterer Bruder und ich zu
Michaeli 1859 sehr gut vorbereitet in die Tertia des soeben eröffneten
Gymnasiums zu Landsberg an der Warthe eintreten konnten. Dort wandte ich mich
bald mit vollem Eifer der Mathematik und den Naturwissenschaften zu, und diese
Neigung ließ mich die Bekanntschaft Henckes suchen, mit dessen ältester,
unvermählter Tochter Helmine meine Mutter befreundet war.
Wann ich zuerst bei Hencke vorgesprochen, weiß ich
nicht mehr; ich weiß nur, daß meine persönlichen Beziehungen zu ihm mit den
Osterferien 1865 endeten, da mein Vater im Mai 1865 von Driesen versetzt wurde,
und ich seitdem meine Vaterstadt nie wiedergesehen habe. Aber seit ich den
schon hochbetagten Astronomen einmal kennen gelernt, ließ ich keine Ferien
verstreichen, ohne oft und lange mit ihm zu arbeiten. Die inetressanten Stunden
auf seiner Sternwarte und gemeinsame Spaziergänge nach den Vordammer Anhöhen
jenseits der Netze, wo er eine von ihm stets mit besonderer Vorliebe beobachtete
Sonnenuhr aufgestellt hatte, werden mir unvergeßlich sein. Wie oft staunte ich,
seit Michaelis 1864 Oberprimaner auf dem Friedrich-Wilhelms-Gymnasium zu Berlin
und begeisterter Schüler Schellbachs, über die mühsame, weitschweifige Art, mit
der Hencke, bei seiner Unkenntnis der höheren Mathematik, kleinere
astronomische Berechnungen vornahm. Er hatte eine geniale Anschauungs- und Auffassungsart, aber
seine geringen Kenntnisse erschwerten ihm sein Streben unendlich. Seit er auf
der Höhe seines Ruhmes stand, wurden ihm sowohl von einzelnen Forschern, als
auch von gelehrten Körperschaften mancherlei Werke in fremden Sprachen
übersandt, und es war rührend mitanzusehen, wie sein rastloser Wissensdrang
wegen mangelnder Kenntnis fremder Sprachen nicht einmal die äußere Schale
bewältigen, geschweige den sich an dem eigentlichen Kern erlaben konnte. Oft
genug ließ er sich aus derartigen Werken wenigstens einige Stellen von mir aus
dem Stegreif übersetzen, und unvergessen, wiewohl mir der Titel entfallen, ist mir
namentlich ein alter lateinischer Foliant, aus dem ich ihm fast bei jedem
Besuche etwas verdeutschen mußte. Jedenfalls bleibt es im Interesse der
Wissenschaft innigst zu bedauern, daß Hencke, der sowohl durch die Schärfe
seines Verstandes, wie seiner Augen zum Astronomen geradezu geboren war, nicht
durch ein freundlicheres Geschick für die Gelehrtenlaufbahn erzogen wurde.
Abgesehen von dem tiefgreifenden Einfluß, den er durch
seine Planetenentdeckungen auf die gesamte wissenschaftliche Welt ausübte, hat
Hencke durch persönlichen Umgang sonst wohl nur noch auf einen Driesener
Landsmann bedeutender eingewirkt: auf meinen Oheim Alexander Kallusky, der von
1851-1854 Rektor der Driesener Knabenschule war und viel mit Hencke verkehrte.
Vor letzterem durch die vollendete Gymnasial- und Universitätsbildung
ausgezeichnet, ließ Kallusky, als er von 1854 – 1866 Landpfarrer zu Neu-Mecklenburg bei Friedeberg
in der Neumark war, sich eine vortrefflich eingerichtete Sternwarte am
Seitenflügel des frei und hoch liegenden Pfarrhauses erbauen, auf der auch ich
oft mit ihm gearbeitet. In ähnlicher Weise wie Hencke widmete er sich dem
Zeichnen genauester Sternkarten, und schon stand er in Unterhandlung, sie durch
den Stich zu veröffentlichen, als 1863 Argelander unter Beihilfe tüchtiger
Assistenten die Herausgabe seines berühmten “Atlas des gestirnten nördlichen
Himmels” beendete. Hier war mit bedeutenderen Mitteln doch Bedeutenderes
geleistet, als dem einsamen Landpfarrer möglich gewesen war, und entsagungsvoll
verzichtete Kallusky auf die Veröffentlichung seiner Sternkarten. Als er 1866
von Neu-Mecklenburg versetzt wurde, mußte er die massiv gebaute Sternwarte auf
eigene Kosten wieder abreißen lassen, und seither ruhten seine astronomischen
Forschungen.
Auf mich haben diese frühzeitigen astronomischen
Studien, wenn ich sie auch nicht in
wissenschaftlicher Weise weiter verfolgte, nachhaltigen Einfluß geübt, und
manche meiner Dichtungen, in Sonderheit die Märchen “Cassiopeia” und “Berenike”,
sowie mein Roman “Zu den Sternen!” und meine Novelle “Laurentiusnächte” geben
Zeugnis davon. Daß gerade in meinem Geburtsjahre in meiner Vaterstadt die
“Hebe”, das Symbol ewiger Jugend und Schönheit, entdeckt wurde, nahm ich stets
als “günstigen Aspect”, und die Abteilung lyrischer Lieder in meinem
“Frauenlob” trägt, in Huldigung der dort Verherrlichten, jenen Gesamttitel und
beginnt mit einer Danksagung an Karl Ludwig Hencke.
Hebe
Lass' mich zu
deinen Füßen knieend lauschen
der holden Lippen
süßem Schmeichellaut,
lass' mich an
deiner Schönheit mich berauschen,
wie man begeistert
zu den Sternen schaut.
Und frag' ich,
welchen Namen ich dir gebe, -
nachdem ich lange
wählte und verwarf,
ruht stolz
beglückt mein Auge auf der Hebe,
die ich als meinen
Stern bezeichnen darf.
Als meinen Stern!
Denn in dem selben Jahre,
da Gottes Hauch
zum Leben mich erweckt,
ward dieser Stern,
der rastlos wandelbare,
in meiner
Vaterstadt entdeckt.
Sie, die nur klein
ist unter Deutschlands Städten,
sie wurde damals
aller Blicke Ziel,
als von dem neuen
Glanze des Planeten
auf meine Wiege
auch ein Schimmer fiel.
Und wenn ich heute
jener Zeit gedenke,
die mir beglückt
im Vaterhaus verfloss,
grüßt mein
Erinnern dich auch, Ludwig Hencke,
der deutend mir
die Sternenwelt erschloss.
Ehr'würdger Greis,
von Fürst und Volk gefeiert,
hast du mich
jungen Schüler nicht verschmäht,
hast mir auf
deiner Warte oft entschleiert,
der Sphärenwunder
ernste Majestät.
Längst bist der
Erde du zurückgegeben.
Ich aber nahm's
als günstigen Aspekt,
dass du bei meinem
Eintritt in das Leben
in uns'rer Heimath
jenen Stern entdeckt,
für den die heitre
Göttin ew'ger Jugend
- mir Glück
verheißend - dir den Namen lieh.
Und jetzt, in
Liebchens Engelsantlitz lugend,
jauchzt stolz mein Herz: solch' Glück erträumt' ich nie!
Du, meine Hebe,
schön und schlank wie jene,
die im Olymp
Unsterblichkeit kredenzt,
du bietest mir den
Trank der Hippokrene,
draus dir und mir
die ew'ge Jugend lenzt.
Ist deine
Schönheit doch die Nektarschale,
draus mir der Born
stets neuer Lieder fließt,
dass ewig jung
noch unsre Liebe strahle,
wann unsre Herzen
längst das Grab umschließt.
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