Prof. Wilhelm Julius Förster (1832 - 1921) - urodzony w Zielonej Górze niemiecki astronom. W latach 1865 - 1903 dyrektor Berlińskiego Obserwatorium. Dawny asystent Johanna Franza Enckego.
Poniższy tekst pochodzi z miesięcznika Himmel und Erde (1890)
In dem ersten Heft dieser Zeitschrift (Oktober 1888) ist
schon darauf hingewiesen worden, welchen besonderen Wert biographische
Darstellungen für die Pflege des Verständnisses der naturwissenschaftlichen
Forschung haben können.
Die wissenschaftliche Erörterung kann durch Verwebung mit
der Schilderung von Persönlichkeiten für weite Kreise anziehender und
fruchtbarer gemacht werden und das Bild des Menschen selber wird durch seine
Einfügung in eine größere kosmische Entwicklung gehoben und verschönt.
Es ist in letzterem Sinn nicht ohne Absicht, dass der
Anfang dieser Reihe biographischer Bilder aus der Entwicklungsgeschichte der
Astronomie und der verwandten Naturwissenschaften mit dem Lebensbild eines ganz
schlichten Mannes gemacht wird und nicht mit einem der glänzenderen, sozusagen
selbstleuchtenden geschichtlichen Namen.
Dr. Karl Ludwig Hencke ist aber zugleich der Vertreter
einer Geistesrichtung, auf deren Sympathie die Gesellschaft Urania vorzugsweise
zu rechnen hat und für welche sie in Zukunft von besonderer Bedeutung sein
wird.
Unter den Zeitgenossen, sogar unter denjenigen, die sich
in ihren Mußestunden mit Astronomie beschäftigen, werden viele den Namen Hencke
nicht kennen, obwohl er um die Mitte der vierziger Jahre dieses Jahrhunderts
auch in der Öffentlichkeit viel genannt und gerühmt wurde.
Die wissenschaftlichen Erfolge seines Lebens lagen auf
einem Gebiet, welches früher mit großem Glanz und Ruhm umgeben war, nämlich auf
dem Gebiet der Planetenentdeckungen. Dasselbe hat aber in neuerer Zeit, seitdem
mitunter ein einziges Jahr die Planetenentdeckungen dutzendweise gebracht hat
und seitdem die Anzahl der bekannten Planeten unseres Sonnensystems auf nahezu
300 angewachsen ist, an Nimbus bedeutend verloren.
Auf den ersten Blick könnte man also dieser Biographie
keinen besonderen Eindruck bei unseren Lesern versprechen: Ein jetzt fast
vergessener Mann und ein jetzt mit Gleichgültigkeit, fast mit Abneigung
betrachteter Zweig der astronomischen Forschung.
Doch muss ein gewisser Reiz in dem Lebensbild dieses
Manns enthalten sein: denn dasselbe hat bis in das letzte Jahrzehnt in mehr
oder minder gelungener Darstellung in einer Reihe von Zeitschriften Aufnahme
gefunden.
Der tieferen wissenschaftlichen Bedeutung der Leistungen
dieses Mannes und seiner geistigen Eigenart ist aber die volle Würdigung dabei
noch nicht zuteil geworden.
Dem Verfasser der vorliegenden Skizze ist es indessen
vergönnt gewesen, nicht bloß auf einem nahe verwandten Forschungsgebiet mit
Hencke zu arbeiten, sondern auch persönlich Jahre lang mit ihm so zu verkehren,
dass er hoffen darf, seiner Schilderung
durch eine lebendigere Darstellungen bei unseren Lesern Anteilnahme zu
verschaffen.
Karl Ludwig Hencke war Postsekretär in Driesen, einem
kleinem Städtchen in der Neumark. Er war am 8. April 1793 dort geboren, hat
fast sein ganzes Leben in Driesen zugebracht und ist am 21. September 1866 in
Marienwerder, wo er zu Besuch in dem Haus seines Schwiegersohns weilte,
gestorben.
Schon in seinem 14. Lebensjahre war er als Aspirant
(Beamtenanwärter) in den Postdienst getreten. Eine kurze Unterbrechung dieser
Berufstätigkeit brachte der Krieg von 1813, in welchem er als Freiwilliger den
Fahnen folgte. Aber schon nach der Schlacht bei Lützen, in welcher er das
Anerkenntnis der Tapferkeit gewann und verwundet wurde, sah er sich genötigt,
wegen einer Verwundung in den Postdienst zurückzutreten. Diesem gehörte er bis zum Jahr 1837 an, in dem er seine
Verabschiedung mit einer jährlichen Pension von 225 Talern erlangte.
Von diesem Zeitpunkte ab weihte sich Hencke ganz der
Wissenschaft. Er hatte sich schon um Weihnachten 1821, trotz seiner bescheidenen Lage, ein Fernrohr
aus der Fraunhoferschen Werkstatt beschafft, welches etwas mehr als 100 Taler
kostete und mit diesem Fernrohr hatte er schon jahrelang den nächtlichen
Postdienst mit dem Dienst der Urania (die Muse der Sternkunde in der
griechischen Mythologie) kombiniert. Nun wandte er sich mit vollem Eifer
der Sternkunde zu. Trotz sehr geringer Schulbildung hatte Hencke sich einen
beachtlichen Überblick über den damaligen Stand der astronomischen Forschung
verschafft und es gelang ihm jetzt, mit seiner eigenen astronomischen Tätigkeit
genau an der Stelle einzugreifen, an der es damals zu einem kräftigen
Fortschritt gerade derjenigen derben Zuversicht und Energie bedurfte, welche
den eigentlichen Fachleuten mitunter in der Fülle der Probleme und in der
vertieften Einzelarbeit abhanden kommt.
Die Geschichte der Wissenschaft ist reich an ähnlichen,
eigentümlich interessanten Fällen, in denen die treue und strenge Arbeit der
Fachleute die unerlässlichen soliden Grundlagen zu bedeutsamen Fortschritten
geschaffen hatte und in denen es dann der kritischen Vorsicht der leitenden
Kreise der Fachgenossenschaft begegnete, dass die ersten Früchte ihrer
großartigen Vorarbeiten ganz oder zu einem wesentlichen, den allgemeinen
Eindruck bestimmenden Teil nicht aus ihrer Mitte, sondern von lebhaften, mutig
zugreifenden Neulingen der Forschung geerntet wurden, deren Geistesfrische die
Unvollkommenheiten ihrer wissenschaftlichen Ausbildung reichlich ersetzte.
Ein sehr eindrucksvolles Beispiel dieser Art liegt ja
auch in der geschichtlichen Entwicklung der Lehre von der Erhaltung der Kraft
vor und zwar besonders charakteristisch dafür, dass es sich meistens nur um
ganz kurze Vorsprünge der genialen Neulinge handelt, denen die vollere und
reichere fachgemäße Entwicklung, oftmals in ganz unabhängiger Weise, aber doch
schließlich von jenen Vorgängern gestützt und gefördert, dicht auf dem Fuße
folgt.
Wer die in den Universitätsjahren übliche Einteilung der
Menschen in Studenten und Philister nicht (in veränderter Fassung) auch in
reiferen Jahren beibehält, kann jene Erscheinungen nur mit Freude und Dank
betrachten, denn sie stellen sich als ein Teil jener wundervollen Regulierung menschlichen
Zusammenwirkens dar, deren Anblick bei tieferer Forschung in der Geschichte der
Kulturentwicklung immer aufs neue zur Andacht stimmt.
Also unser Postsekretär a. D. (außer Diensten)
griff nun hinein in den vollen Sternenhimmel. Er hatte sich an demselben
zunächst mit Hilfe von Bodes Anleitung
zur Kenntnis des gestirnten Himmels orientiert und sich auch bald nach der
Anschaffung seines Fernrohrs, welches ihm gewissermaßen einen Platz unter den
Astronomen gab, persönlich bei dem Verfasser jenes Buches, der damals noch
Direktor der Berliner Sternwarte war, vorgestellt und Rat geholt.
Sehr bald war er jedoch über diese Stufe astronomischen
Lernens hinausgekommen und hatte nach genaueren und vollständigeren Sternkarten
verlangt, in denen alle in seinem Fernrohre sichtbaren Sterne verzeichnet
wären. Ein ausgezeichnetes Auge und eine ungewöhnliche Gabe der Schätzung nach
dem Augenmaß, auch ohne irgendwelche feineren Messinstrumente, halfen ihm, ein
besonderes Vergnügen darin zu finden, die Lage und Helligkeit der Sterne mit
den entsprechenden Angaben einer Karte zu vergleichen.
Sehr bald hatte er herausgefunden, dass die damals
vorhandenen, an Vollständigkeit und Genauigkeit über Bodes Karten
hinausgehenden Sternkarten auch noch sehr viel zu wünschen übrig ließen und bei
weitem noch nicht alles enthielten, was er in seinem Fernrohr sehen konnte.
Sogleich nach der Erfindung des Fernrohrs (1608) hatte
man sich schon davon überzeugt, dass zwischen den mit bloßem Auge sichtbaren
Sternen, deren lichtschwächste man Sterne sechster Größe nennt, zahllose noch
lichtschwächere Sterne die Himmelsfläche erfüllen, und dass insbesondere das
mattere, lichtwolkenartige Leuchten gewisser Regionen des Himmels von einer
besonders reichlichen Anhäufung solcher
lichtschwächeren Sterne an diesen Himmelsflächen herrührt. Mit der Steigerung
der Lichtstärke der benutzten Fernrohre schien ferner die Anzahl der noch
deutlich erkennbaren lichtschwächeren Sterne so gewaltig zuzunehmen, dass man
den Eindruck eines unermesslichen Reichtums und zugleich einer unergründlichen
Tiefe des Himmelsraums empfand. Es ist aber erklärlich, dass solche Eindrücke
den wissenschaftlichen Antrieb zur Aufzeichnung und Festlegung dieser für
unsere Wahrnehmung neu erworbenen, aber die Einbildungskraft fast überwältigenden
Schätze eine Zeit lang nicht recht aufkommen ließen.
Auch waren die Astronomen in den ersten beiden
Jahrhunderten nach der Erfindung des Fernrohrs mit anderen großen Aufgaben,
nämlich mit der Anwendung des neuen Werkzeugs für die Ausmessung der Bewegungen
und Prozesse in unserem Sonnensystem, sowie mit der Darstellung und
Vervollkommnung der schon im Altertum entwickelten großen mathematischen
Bewegungstheorien vollauf beschäftigt. Man musste sich also dem Sternenhimmel
gegenüber, an welchem bis dahin Jahrtausende hindurch volle Ruhe oder nur
höchst regelmäßige gemeinsame Bewegungen geherrscht zu haben schienen, zunächst
mit feineren Ausmessungen der Lage der helleren, dem bloßen Auge sichtbaren
Fixsterne begnügen, welche die festen Stationen für die Messung der Bewegungen
der näheren Himmelskörper abgaben, und man kam daher eine Zeit lang in der
Anfertigung von Sternkarten nicht wesentlich über die Leistungen der
Vergangenheit hinaus.
Nachdem aber gegen Ende des 17. Jahrhunderts die ersten
deutlicheren Spuren von schnelleren, eigentümlichen Ortsveränderungen einzelner
dieser helleren Sterne gegen die übrigen Fixsterne gefunden worden waren und
nachdem in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts Wilhelm Herschels
Durchforschungen des Himmels begonnen und dazu geführt hatten, zahlreiche
Nebelflecken, Sternhaufen und Doppelsterne, sowie an den Grenzen unseres
Sonnensystems einen bis dahin unbekannten Planeten zu entdecken, den Herschel
in seinem mächtigen Fernrohr sofort an seiner Scheibengestalt als einen uns
näheren, von den uns stets punktartig erscheinenden Fixsternen verschiedenen
Himmelskörper erkannte, entwickelte sich die Forschung am Sternhimmel und die
Orts- und Helligkeitsbestimmung von zahlreichen Fixsternen immer lebhafter.
Im Anschluss an die Entdeckung des Uranus durch Herschel
hatte sich unter den Astronomen zugleich die Erwartung gesteigert, dass das
Fernrohr auch an anderen Stellen unseres Sonnensystems zur Entdeckung von
bisher noch unbekannten Mitgliedern desselben verhelfen werde. Und da war es
insbesondere die große ringförmige Lücke zwischen der Bahn des Mars und der
über dreimal so weit als letztere von der Sonne abstehenden Bahn des Jupiter,
in welcher schon Keppler einen bis dahin noch unbekannten Planeten prophetisch
eingefügt hatte und in welcher man nun mit Hilfe des Fernrohrs einen oder
mehrere bis dahin wegen geringer Helligkeit noch nicht wahrgenommene Planeten
zu finden hoffte. Bestärkt wurde diese Erwartung dadurch, dass auch die Bahn
des neu entdeckten Planeten Uranus sich in eine ziemlich regelmäßige, durch die
Abstände der übrigen Planetenbahnen von der Sonne dargestellte und nur zwischen
Mars und Jupiter des entsprechenden Gliedes ermangelnde Zahlenreihe mit dem
selben Genauigkeitsgrad wie die übrigen Planetenbahnen eingefügt hatte.
Eine gefeierte Bestätigung wurde dieser Erwartung zuteil
durch die am 1. Januar 1801 als eine erste Frucht der eifrigen Ortsbestimmungen
und Aufzeichnungen von Fixsternen geglückte Entdeckung eines neuen Planeten,
dessen Bahn in der Tat in die Lücke zwischen der Mars- und der Jupiterbahn
hineinpasste. Die Entdeckung dieses Planeten, welcher den Namen Ceres empfing,
gelang dem italienischen Astronomen Piazzi in Palermo, welcher einer der
eifrigsten Mitarbeiter an den Grundlagen der Vervollständigung der Sternkarten,
nämlich an der genaueren Ortsbestimmung von zahlreichen lichtschwächeren
Fixsternen war.
Der neue Planet war so klein, dass er sich dem Anblick
nach von Fixsternen gar nicht mehr unterschied, also überhaupt nur durch
wiederholten Vergleich von Sternkarten mit dem wirklichen Befund am Himmel
durch seine Ortsveränderung unter den Sternen als ein zu unserem Sonnensystem
gehörender Himmelskörper erkannt werden konnte.
Und zwar sind die Bewegungen dieser Planeten im
allgemeinen nicht schnell genug, um schon während einer Nacht beim bloßen
Anschauen auffällig zu werden, wenn nicht zufällig der Planet so nahe neben
einem Fixstern erblickt wird, dass schon ganz kleine Bewegungen sich in sehr
augenfälligen Stellungsveränderungen des Planeten zu dem Stern kundgeben. Es
bedurfte damals meistens der Wiederholung der Vergleichens einer Sternkarte mit
dem Himmel an den folgenden oder einem der folgenden Abende, um solche kleinen,
fixsternartig aussehenden Planeten aus der großen Anzahl der Fixsterne
zweifelsfrei auszusondern und in ihrer Eigenart zu erkennen. Natürlich gelang
dieser ganze Nachweis um so leichter und sicherer, je genauer und vollständiger
die Sternkarten selber waren und je genauer und gründlicher in verhältnismäßig
kurzen Zeiträumen der Vergleich derselben mit dem Himmel und die Ortsbestimmung
eines der planetarischen Natur verdächtigen Lichtpunkts ausgeführt werden
konnte.
Die bloße Wahrnehmung, dass in einer Konfiguration von
Sternen ein früher in der Karte eingetragener Stern von einer bestimmten
Helligkeit nicht mehr da war oder dass an einer früher leeren Stelle sich jetzt
ein Stern deutlich erkennen ließ, genügte nicht zur sofortigen Feststellung der
Existenz eines Planeten, weil zahlreiche Fixsterne merkliche Schwankungen ihrer
Helligkeit erfahren, welche sehr wohl bewirken können, dass auch ein bisher
wahrgenommener Fixstern zu einer anderen Zeit nicht mehr deutlich gesehen oder
dass an einer früher leeren Stelle zu einer anderen Zeit ein Fixstern deutlich
wahrgenommen wird. Es bedarf also jedenfalls auch des Nachweises der
erheblichen Ortsveränderung eines solchen Lichtpunktes gegen die benachbarten
Fixsterne, um eine Planetenentdeckung festzustellen.
In ganz derselben Weise wie die Entdeckung der Ceres
glückten in den folgenden sechs Jahren noch die Entdeckungen von drei anderen
ebenso kleinen, ebenfalls fixsternartig erscheinenden Planeten, nämlich der
Pallas, Juno und Vesta, deren Bahnen ebenfalls zwischen der Mars- und Jupiterbahn
liegen. Dann aber gab es in diesen Entdeckungen eine lange Pause, welche erst
durch Hencke beendet wurde.
Diese Pause erscheint gegenwärtig, wo wir wissen, dass
sich zwischen der Mars- und der Jupiterbahn mindestens mehrere Hunderte von
solchen kleinen Planeten bewegen, auf den ersten Blick schwer erklärlich. Man
sollte meinen, dass dieselben Prozesse der weitergehenden Aufzeichnung von
Fixsternen nach Lage und Helligkeit und dem fortwährenden Vergleichen solcher
Aufzeichnungen mit dem Himmel einen stetigen Fortgang jener Entdeckungen
ermöglicht haben müssten, wenn sich die Astronomen eben nur so ausdauernd, wie
es später durch Hencke und seine Nachfolger geschah, darum bemüht hätten.
Näher besehen liegt die Sache aber wesentlich anders. Die
vier Planeten, welche zu Anfang dieses Jahrhunderts entdeckt wurden, sind die
bei weitem größten und hellsten der ganzen Gruppe und ihre Helligkeit steht
derjenigen der schwächsten, mit bloßem Auge eben noch erkennbaren Fixsterne
durchschnittlich nur um eine bis anderthalb solcher Größen oder
Helligkeitsstufen nach, deren fünf zwischen dem Licht jener Sterne und dem
Licht der Sterne erster Größe enthalten sind. Mit anderen Worten, die vier zu
Anfang dieses Jahrhunderts entdeckten Planeten gleichen durchschnittlich in ihrer
Helligkeit und ihrem Aussehen den Fixsternen 7. bis 8. Größe.
Diese Planeten konnten also mit einer gewissen Sicherheit
und Einfachheit des Verfahrens gefunden werden, sobald eine gehörige
Vollständigkeit in der Messung und Aufzeichnung der Orte und Helligkeiten
derjenigen Fixsterne vorlag, welche nicht lichtschwächer als von der 7. bis 8.
Größe waren und hierfür waren zu Anfang dieses Jahrhunderts wenigstens auf
denjenigen Himmelsflächen, welche für das Aufsuchen der Planeten hauptsächlich
in Frage kommen, ausreichende Grundlagen
vorhanden.
Die Fernrohre, welche bei derartigen Aufsuchungen damals
zur Anwendung kamen, nämlich verhältnismäßig kleine Fernrohre von großem
Gesichtsfeld, reichten gerade noch aus,
Sterne von achter Größe sogar bei
weniger günstigem Luftzustand mit aller Sicherheit und Stetigkeit zu erkennen,
während sie noch nicht mit derselben Sicherheit bis zu den lichtschwächeren
Größenklassen reichten, denen die anderen, viel später entdeckten Planeten der
selben Gruppe angehören.
Die Hauptschwierigkeit aber, welche sich dem Auffinden
dieser lichtschwächeren Planeten damals entgegenstellte, war die
Unvollständigkeit der Kenntnis des vorhandenen
Bestandes an ebenso lichtschwachen Fixsternen, also an Fixsternen von
mehr als 8. und 9. Größe.
Es galt also jetzt zunächst, diese festen Bestände
mittels ausdauernder Messungen aufzunehmen und dieselben dann in Karten
einzuordnen. Hierzu aber waren mehrere Jahrzehnte organisierter astronomischer
Arbeit erforderlich. An die Spitze dieser Organisation stellte sich damals die
Berliner Akademie der Wissenschaften und die Messungen selber wurden
überwiegend von dem großen Astronomen Bessel in Königsberg ausgeführt.
Aus diesen Messungen und denjenigen einiger früherer
Beobachter, insbesondere auch des französischen Astronomen Lalande und seiner
Mitarbeiter, die noch im 18. Jahrhundert auf der Sternwarte der École militaire
zu Paris eifrige Aufnahmen des Bestands an Fixsternen bis nahezu zur 9. Größe
ausgeführt hatten, gingen die Berliner Akademischen Sternkarten hervor.
Man hatte gehofft, dass schon bei der Anfertigung dieser
Karten, bei welcher häufige Vergleiche derselben mit dem Himmel stattfanden,
sich die Entdeckung lichtschwächerer Planeten, etwa von der Helligkeit der
Sterne 8. oder 9. Größe, als ein Nebenresultat dieser Fixstern-Inventarisierung
ergeben werde. Als diese Erwartung sich nicht erfüllte, war man in
fachmännischen Kreisen geneigt anzunehmen, dass keine Planeten dieser Art mehr
vorhanden seien oder viele Jahrzehnte weiterer Aufzeichnungen von viel
lichtschwächeren Sternen erforderlich sein würden, um weitere
Planetenentdeckungen zu machen.
Zwar ließ man sich hierdurch keineswegs entmutigen, die
Anfertigung jener akademischen Sternkarten fortzusetzen und zu
vervollständigen, denn diese Karten sollten nicht bloß für die Nachforschung
nach Planeten, sondern auch für die Festlegung des damaligen Befundes der Orte
und der Helligkeiten einer großen Zahl von Fixsternen dienen, welche ihrerseits
als feste Anhaltspunkte bei der Ortsbestimmung der beweglichen Himmelskörper,
also der bereits bekannten Planeten und der zahlreichen Kometen von Wichtigkeit
waren. Aber es lag doch die Gefahr eines
Stockens dieses ganzen Zweigs astronomischer Arbeit und einer andauernden
Irrmeinung nahe, wenn nicht zu diesem Zeitpunkt unser mit ruhelosem Eifer am
Himmel forschender Postsekretär a. D. eingegriffen hätte.
Mit Hilfe seines trefflichen Fraunhoferschen Fernrohrs,
dessen Lichtstärke diejenige des 19. Jahrhunderts bedeutend übertraf, hatte er
unter Benutzung der vorhandenen Sternkarten sich selber außerordentlich
vollständige Karten von weiten Himmelsflächen hergestellt und der glühende
Eifer, mit welchem er dieselben immer und immer wieder mit dem Himmel verglich,
scheint alles übertroffen zu haben, was bis dahin diesem einzelnen
Forschungszweig gewidmet worden war. Sicherlich war die aufopfernde Hingabe
vieler Astronomen an ihre Forschungsarbeiten auch zu Henckes Zeit nicht
geringer als die seine, aber die spezielle Virtuosität und die Teilung der Arbeit
war auf diesem Gebiet noch nicht so entwickelt wie später und Hencke konnte
sich damals in seiner Lebensstille ganz und gar auf dieselbe konzentrieren. So
geschah es, dass eines Tages der großen astronomischen Welt aus dem kleinen
Dachkämmerchen in Driesen ein Licht aufging.
An einer Stelle des Himmels, welche in Henckes Karten
sorgfältig verzeichnet, außerdem auch in einer der besten der Berliner
akademischen Karten aufgenommen war, sah Hencke am 8. Dezember 1845 zum ersten
Mal ein Sternchen, welches etwas schwächer als 9. Größe und in keiner der
Karten verzeichnet war. Die noch offen bleibende Möglichkeit, dass dies ein
Fixstern von veränderlichem Licht war, der früher zu lichtschwach gewesen war,
um deutlich erkennbar zu sein, glaubte Hencke ausschließen zu können, weil er
die selbe Gegend des Himmels Jahre lang so oft mit seiner Karte verglichen
hatte, dass, wenigstens bei periodischer Veränderlichkeit des Lichts eines an
dieser Stelle stehenden Fixsterns, derselbe irgendwann einmal ebenso deutlich
wie am 8. Dezember hätte sichtbar sein müssen.
Hencke sandte also nach Berlin an die Vossische Zeitung
eine Nachricht über seine Entdeckung. Der Abdruck derselben erfolgte sofort in
der Nummer vom 13. Dezember. Schon am folgenden Tage wurde auf der Berliner Sternwarte
durch Encke festgestellt, dass das Sternchen seit dem 8. Dezember seinen Ort
unter den Fixsternen erheblich verändert und sich dadurch wirklich als ein
neuer Planet erwiesen hatte. Die Nachricht hiervon sandte Encke sofort an
Hencke in einem Brief, welcher mit den Worten beginnt: “Mit der größten Freude
und dem herzlichsten Glückwunsche kann ich Ihnen melden ...”
Und nun häufte sich Dank und Anerkennung von allen Seiten
auf den schlichten Mann: die große goldene Medaille für Wissenschaft von König Friedrich
Wilhelm IV., zum Ordensfeste 1846 der rote Adler-Orden IV. Klasse, unter
Vermittlung von Encke und Humboldt im März 1846 eine Jahresrente von 300
Talern, welche Hencke nach seinen sonstigen Verhältnissen und Ansprüchen damals
sorgenfrei machte, um dieselbe Zeit die große Medaille für Wissenschaft vom
König von Dänemark, einige Zeit danach die Ernennung zum Ehrendoktor der
Philosophie von Seiten der philosophischen Fakultät der Universität zu Bonn,
vermittelt durch den hochverdienten Fachgenossen Argelander, sodann Preise und
Ehrenmitgliedschaften aus Paris und London u.s.w.
Wahrhaft herzbewegend war für Hencke, wie man aus seinen
eigenen Aufzeichnungen sieht, der außerordentlich warme und wahrhaft
brüderliche Ton, mit welchem ihn die Argelander, Encke u.s.w. beglückwünschten
und besonders auch die Begeisterung, mit welcher ihn Alexander von Humboldt
schriftlich und mündlich anredete. Für diesen treuen Förderer der
wissenschaftlichen Kultur seines Heimatlandes hatte diese Entdeckung, welche
gewissermaßen dem märkischen Sand entspross und dem hochstrebenden Volksgeist
zu danken war, etwas wahrhaft Entzückendes.
Ich erwähne diese Einzelheiten hauptsächlich deshalb,
weil in einigen früheren Schilderungen von Henckes Entdeckung die Sache so
dargestellt ist, als ob die Männer der Wissenschaft dieselbe mit blödem
Unglauben und schnöder Verkleinerungssucht aufgenommen hätten, etwa weil
sie ihren Vorhersagen widersprach oder
aus anderen Arten von Kleinsinn. Es ist möglich, dass es auch Äußerungen dieser
Art von wissenschaftlicher Seite damals gegeben hat; doch dient es nur der
Verhetzung, wenn man dieselben übermäßig hervorhebt und ihnen mehr Bedeutung
zuschreibt, als sie in der Wissenschaft gehabt haben können.
An die Benennung des neuen Planeten, um welche Encke von
dem Entdecker ersucht wurde, knüpften sich für den letzteren auch noch viel
Schriftverkehr. Begeisterte Preußen schlugen den Namen Friedrich Wilhelm vor
u.s.w. Schließlich wurde der Name Astraea gewählt.
Hencke ließ sich, wie man aus seinen Briefentwürfen und
sonstigen Aufzeichnungen sieht, von all den Ehren und Anerkennungen in keiner
Weise beirren. Er arbeitete eifrig weiter und konnte schon am 1. Juli 1847 die
Entdeckung eines zweiten Planeten verkünden, welcher den Namen Hebe empfing und
ihm neue Ordensauszeichnungen und Anerkennungen, unter letzteren auch einen
sehr herzlichen Brief von Gauß, einbrachte. Dies war das Ende seiner
selbstständigen Entdeckungen. Wenige Wochen später, im August 1847, begann der
englische Astronom Hind in London mit viel stärkeren optischen Mitteln die
große Reihe jener schnell aufeinander folgenden virtuosen Entdeckungen der
zwischen der Mars- und der Jupiterbahn die Sonne umkreisenden kleinen Planeten
zu eröffnen, welche gegenwärtig noch fortgehen und jetzt die Anzahl der uns
bekannten Planeten dieser Gruppe bis auf 293 (die zuletzt gefundenen immer
kleiner und lichtschwächer bis zur 12. Größe) gebracht haben. Es ist aber ganz
klar, dass Henckes Ausdauer und Henckes Erfolg die Bahn hierfür gebrochen
hatte. Und obgleich man jeder einzelnen dieser massenhaften Entdeckungen
selbstverständlich auch nicht entfernt mehr den Wert beilegt und die
Aufmerksamkeit erweist, wie der Entdeckung der Astraea und der Hebe, so hat
doch die Gesamtheit dieser Vervollständigungen der Kenntnis unseres
Planetensystems nach vielen Seiten hin eine sehr große wissenschaftliche
Bedeutung, deren Erörterung aber an dieser Stelle zu weit führen würde.
Hencke hätte gegenüber den viel größeren optischen
Mitteln und den spezialisierten Methoden und Einrichtungen, mit welchen jetzt
zahlreiche Astronomen von Fach seine Entdeckungen weiterführten und
vervielfältigten, resigniert zurücktreten können. Er blieb aber fast bis ans
Ende seines Lebens mit der Anfertigung von Sternkarten und der Vergleichung der
Himmelsflächen mit denselben beschäftigt. Wiederholt fand er dabei auch noch
Planeten und auch Fixsterne von veränderlichem Lichte, aber es waren jetzt zu
viele Astronomen, gerade auf Grund seiner Erfolge, auf demselben Felde tätig,
so dass er nirgendwo mehr die Priorität einer Entdeckung errang. Er trug dies
mit Gelassenheit in dem Bewusstsein, dass seine unablässig von ihm
vervollständigten Sternkarten doch für alle Zukunft einen ansehnlichen Wert
behalten würden. In der Tat wurden dieselben nach seinem Tod von der hiesigen
Akademie der Wissenschaft angekauft für einen Preis, der zwar nicht entfernt
der darauf verwendetem rastlosen Mühe entspricht, aber die historische und
sachliche Bedeutung jener Karten, soweit sich eine solche überhaupt in Geld
angeben lässt, vollkommen anerkennt.
Dr. Hencke war, als ich ihn 8 Jahre nach der Entdeckung
der Hebe, auf der Berliner Sternwarte in seinem 62. Lebensjahr kennenlernte,
ein noch recht rüstiger Mann von höchst lebhaftem Geist und Temperament. Er war
zweifellos ein durchaus eigenartiger Denker von völlig unabhängiger, fast
radikaler Art.
Neben der Astronomie interessierte ihn besonders die
Musik und ihre Theorie, welche er mitunter in anziehender Art in seine
kosmologischen Ansichten verflocht, an die alten philosophischen Harmoniker
erinnernd. Dem jüngeren Fachgenossen warf er es einst am Ende einer längeren
Diskussion über religiös-philosophische Fragen mit einer gewissen Schärfe vor,
dass er weniger radikal sei, als er, der alte Mann. Sonst sei das meist umgekehrt,
die Jugend sei sonst im allgemeinen radikal, das Alter versöhnungs- und
milderungsbedürftig.
Seine Grundstimmung in allgemeinen weltbewegenden Fragen
stammte noch aus einer weiter zurückliegenden Zeit, seiner Jugendzeit, in
welcher der wissenschaftliche Idealismus, der ihn erfüllte, offenbar in seiner
näheren und weiteren Umgebung, ja, in
der offiziellen Welt seines Landes unterschätzt und an vielen Stellen sogar als
ein feindliches und gefährliches Element betrachtet wurde. Daher der energische
Radikalismus seiner Weltanschauung, welche ihre allgemeine Berechtigung in
jener Zeit erst noch zu erkämpfen hatte.
Jenes Gespräch mit dem jüngeren Fachgenossen fand aber zu
einem Zeitpunkt statt, an dem die naturwissenschaftlich-materialistische
Richtung schon längst zur Offensive und sogar zu Übertreibungen übergegangen
war, gegen welche sich der großmütige, begeisterungsbedürftige Sinn jeder
gesunden Jugend auflehnt.
Auch gegenwärtig kann man ja wieder manche ähnlichen
Stimmungsverschiedenheiten zwischen Alter und Jugend in allgemeineren Fragen
wahrnehmen. Man soll die Jugend darum nicht schelten und ja nicht glauben, dass
sie deshalb geistig niedriger stehe. Dergleichen wechselt oft schnell und es
könnte zu großer Enttäuschung führen,
wenn jemals die Grundlagen des idealen Rechts- und Wahrheitssinnes, der auch in
der patriotischen Mehrheit der jetzigen
gebildeten Jugend lebt, in Frage gestellt werden sollten.
Noch ein Wort über die Zukunft ähnlicher Bestrebungen,
wie diejenigen waren, die Dr. Henckes ganzes Leben erfüllten und verschönten.
Der Mitwirkung solcher Helfer wird die wissenschaftliche Forschung in der
Folge, wenn auch in veränderter Form, erst recht bedürfen: den zumal in der
Astronomie ist die Fülle der Aufgaben, welche durch sehr schlichte Messungen,
ja schon durch gewissenhafte Zählungen und ähnliche sehr einfache Operationen
zu lösen oder zu fördern sind und welche zugleich durch die Weite und Größe
ihrer Ausblicke auch die schlichtesten Mitarbeiter innerlich adeln und
belohnen, in mächtigem Wachstum begriffen. In mancher Hinsicht werden diese
Mitarbeiter es bequemer haben, als unser Hencke es bei seinen anhaltenden
Nachtwachen am Dachfenster hatte. Sind erst viele Millionen von immer
lichtschwächeren Sternen auf Tausenden von photographischen Platten
aufgezeichnet, so wird es einer großen Schar von Helfern aus allen Kreisen
bedürfen, die nicht bloß zur Nachtzeit, sondern auch zu beliebigen Tageszeiten
in diesem großen Buch der Himmelswelt lesen helfen und dann auch an der Freude
teilnehmen werden, mit welchem wir allmählich reiche Schätze von Ergebnissen
und Entdeckungen aus diesem Buch ablesen lernen.
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